Das war die Junioren WM in Kandersteg
Vorab ein riesen Dankeschön an das ganze OK und alle Helfer. Es war ein super Anlass, ein richtig schöner Grossanlass. Nun brauchen wohl einige Helfer eine sehr, sehr lange Pause.
Für die drei Bachteler StarterInnen Dominik, Lars und Rea war diese Junioren WM definitiv ein riesen Highlight. Für die Nerven von Dominik und Rea dann doch noch eine Nummer zu gross. Einzig Lars behielt überraschenderweise die ganze Woche hindurch einen kühlen Kopf - ausser beim Jassen...aber das ist eine andere Geschichte.
Dominik Peter zeigte diesen Sommer und auch diesen Winter zwischendurch immer wieder gute, teilweise auch sehr gute Sprünge. Was in den letzten Monaten aber fehlte, war die Konstanz. Trotzdem hätte Dominik an dieser Junioren WM ein guter Sprung für die Top30 und damit den zweiten Durchgang bereits gereicht. Dieser Sprung kam leider nicht. Dominik landete, bei zugegeben nicht ganz einfachen Windbedingungen, bereits bei 79 Metern.
Es hatte sich in den Trainings bereits angedeutet, dass Dominik sich selbst wohl zu stark unter Druck gesetzt hatte. Mit Rang 41 ist der Einzelwettkampf für den 16-jährigen sicherlich eine Enttäuschung, aber auch daraus kann man einiges lernen. Und vielleicht braucht es manchmal einfach ein Kilo mehr Kraft als ein Kilo weniger Gewicht - und die Leistungen sind plötzlich viel stabiler - aber das nur so am Rand.
Beim Team- und beim Mixed-Wettkampf sind die Sprünge dann wieder ein bisschen besser, aber Top-Sprünge waren auch das nicht. Das war nicht die JWM von Dominik, aber jetzt gilt es neue Ziele zu setzten und das nächste Mal vielleicht mit ein bisschen mehr Leichtigkeit an die ganze Sache ranzugehen. Den Kopf zwischendurch wieder frei machen, dann klappt es vielleicht auch auf der Schanze wieder besser.
Rea Kindlimann war zum ersten mal an einer Junioren-WM mit dabei. Sie gehörte mit ihren 15 Jahren zu den jüngsten Springerinnen im ganzen Teilnehmerfeld. Es war allen bewusst, dass es für Rea nach diesen doch eher verkorksten letzten Monaten an der Junioren-WM wohl eher schwierig wird. Trotzdem war dann der erste Wertungssprung beim Einzelwettkampf doch eine grosse Enttäuschung. Mit einer unglaublichen Anspannung und Verkrampfung fährt Rea auf den Schanzentisch zu und tritt mit ihrer ganzen Kraft komplett ins Leere. Sie landet bereits bei 59.5 Metern. Schade, da hat sich Rea deutlich unter Wert verkauft. Aber wir waren ja da um zu lernen. Und so lernten wir diese Enttäuschung zu verarbeiten. Beim Mixed-Wettkampf und Rea's allerletztem Sprung an dieser Junioren-WM deutet sie dann doch noch an, was sie wirklich drauf gehabt hätte. Mit einem Flug auf 72.5 Metern gelingt ihr ein versöhnlicher Abschluss - auch wenn auch hier die Kraft am Tisch nicht da ankommt, wo sie eigentlich hin sollte.
Wir wissen, mit den Sprüngen aus dem Fis-Cup im Sommer hätte es wohl beim Einzelwettkampf für den zweiten Durchgang gereicht. Wir wissen aber auch, dass es bis dahin einfach ein beschissener Winter für Rea war und dass es jetzt ausgerechnet an der Junioren-WM wieder mit Top-Sprüngen klappen würde, wäre dann doch auch ein bisschen vermessen gewesen. Trotzdem konnte Rea an dieser Junioren-WM unglaublich viel lernen und sie wird ganz viel aus dieser Woche für sich mitnehmen können. Und wir wissen, dass jetzt in Rea's Kopf ganz viel Platz und Energie frei wird für die kommenden Wochen. Und daraus resultierend wieder ganz viele coole Sprünge...und darauf freuen wir uns.
Ah ja, Lars Kindlimann war auch noch an der Junioren-WM mit dabei...und das, ja das ist eine besondere Geschichte...
23. August 2015: Lars springt in Gibswil beim Bachtelcup auf 64 und 62 Meter. Er landet knapp hinter Sandro Hauswirth auf dem 2. Schlussrang. Was zu diesem Zeitpunkt niemand weiss...es war dies vorerst der letzte Wettkampfeinsatz von Lars für eine sehr, sehr lange Zeit. Zwei Wochen später findet der Alpencup in Einsiedeln ohne Lars statt - er liegt von Bauchkrämpfen geplagt im Bett.
Dieser Zustand hält an. Nicht eine Woche. Nicht zwei Wochen. Nein, Monate. Sein Körper ist kollabiert und keiner weiss, was los ist. Lars wandert von Doktor zu Doktor. Vom Hausarzt zum Kinderspital. Von Blutentnahme zu Akupunktur. Von Ernährungsberatung zum psychologischen Dienst. Nichts hilft wirklich. Lars dreht sich im Kreis. Manchmal steht er am Morgen auf und geht trotz Schmerzen in die Schule - für ein paar Stunden. Am Mittag kehrt er wieder nach Hause. Danach geht er den Rest von der Woche wieder gar nicht in die Schule. Die Nerven liegen blank - bei allen Beteiligten.
März 2017: Lars reist zum Alpencupfinale nach Chaux-Neuve. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte Lars praktisch alle Wettkämpfe der Saison 2016/2017 mitmachen. Auch wenn es gesundheitlich immer noch ein extremes Auf und Ab war. Diesmal geht aber nichts mehr. Kreidebleich sitzt Lars in Chaux-Neuve im Hotel. Sein Körper ist wieder kollabiert. Warum? Das weiss keiner. Am gleichen Tag reist er mit dem Zug wieder nach Hause. DNS - did not start - steht am Schluss in der Rangliste.
September 2017: Lars geht es gesundheitlich wieder ganz passabel. Er konnte den Sommer hindurch fast komplett ohne Probleme trainieren. In ein paar Tagen findet der erste Alpencup in dieser Saison in Kandersteg statt. Die Hauptprobe für die Junioren WM. Lars wird dabei sein - oder auch nicht?
Wieder tauchen Schmerzen auf. Diesmal im Fuss. Mitten in der Nacht. Eine genaue Abklärung bringt einigermassen Klarheit: Es ist eine Verletzung des Sprunggelenks. Bei einer weiteren Belastung kann es zu einer Knochenabsplitterung kommen, dann wäre die Karriere als Skispringer wohl endgültig vorbei. Lars darf nicht mehr springen und auch sonst nur sehr eingeschränkt trainieren - mit dem Elektrovelo dreht Lars seine Runden. Erst kurz vor Weihnachten macht Lars wieder seinen Comebacksprung auf der Bachtelblick-Schanze in Gibswil. Nach den Weihnachten seine erste Sprünge in Kandersteg. Genau drei Sprünge am Stück sind es jeweils und dann ist schon wieder Schluss - die Schmerzen im Fuss tauchen wieder auf.
1. Februar 2018: Lars sitzt auf dem Balken in Kandersteg - mit seinem wunderschönen weissen Sprungkombi. Er trägt die Startnummer 9. Seine Füsse sind eingefroren, weil er so lange warten musste - vor ihm ist ein Athlet gestürzt und der Auslauf musste wieder repariert werden. Jetzt geht es aber endlich los. Ein angespannter Blick auf den Trainer. Die Ampel springt auf grün und nach dem Freizeichen stösst sich Lars vom Balken ab in die Spur. Begleitet von den Blicken von Trainern, Betreuern, Eltern, Verwandten und ganz vielen Kollegen live an der Schanze oder zu Hause am Live-Stream macht Lars seinen ersten Wettkampf-Sprung an seiner ersten Junioren-WM. Ganz ohne Bauchschmerzen und ganz ohne Schmerzen im Fuss fliegt Lars durch die kühle Kandersteger Bergluft und landet bei 80 Metern. Es ist dies Rang 48 bei 67 Startern.
Zwei Tage später packt Lars beim Teamspringen seinen wohl besten Sprung der ganzen Woche aus und mit 84 Metern hält er das Schweizer Team vorerst auf Kurs.
Lundvik, Schmid, Prevc und wie sie alle heissen. Alle sind sie weiter gesprungen als Lars. Aber das ist in diesem Moment egal. Weil...Erfolg ist einfach das Gefühl etwas Besonderes erreicht zu haben. Dafür muss man nicht unbedingt auf dem Podest stehen. Auch, aber vor allem im Skispringen. Merci, Lars. Merci, für eine wunderschöne Geschichte.
GO Bachtel GO
#JWMVuokatti2019
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