Dies ist ein Meinungsbeitrag - an manchen Orten vielleicht leicht überspitzt. Er soll zum Denken anregen. Nicht mehr und nicht weniger.
Das Ausbildungsdilemma
Der 25-jährige Tao Geoghegan Hart gewinnt vor wenigen Tagen den Giro d'Italia. Eine der drei grossen Rundfahrten im Radsport. João Almeida (22) wird 4. in der Gesamtwertung. Ruben Guerreiro (26) gewinnt das Bergtrikot. Alle drei fahren heutzutage für verschiedene Teams, aber alle drei haben eines gemeinsam: Sie wurden zwei Jahre lang beim selben Nachwuchsteam ausgebildet - "Hagens Berman Axeon". Ein kleines Radsportteam auf Continentalstufe mit einem kleinen Budget zwischen 1-2 Millionen Euro. Dieses Team existiert seit 2009 und insgesamt 38 Fahrer aus diesem Team schafften in den letzten zehn Jahren den Sprung in die World Tour...eine Wahnsinnszahl. Eigentlich müsste man ja für die gute Arbeit belohnt werden - denkt man. Dem ist nicht so. Für nächstes Jahr kämpft das Team wieder einmal um Sponsoringgelder. Wenn nicht noch kurzfristig ein Sponsor einspringt, sieht es düster aus für die nächste Saison - und das trotz den grossen Erfolgen ihrer ehemaligen Fahrer. (
Link zum Bericht >)
Als Skiclub stehst du auf der ersten Stufe eines jeden Karrierewegs. Je nachdem mit welchem Alter ein Kind mit Skispringen anfängt, verbringt es zwischen drei und manchmal sogar bis zu acht Jahren hauptsächlich bei uns im Club. Eine lange Zeit mit ganz vielen Trainings. An der Schweizermeisterschaft 2020 waren insgesamt 24 Athletinnen und Athleten am Start. Fast die Hälfte des Teilnehmerfelds startete entweder für den Skiclub am Bachtel oder hat zumindest für einen längeren Zeitraum bei diesem trainiert, respektive von dessen Strukturen profitiert. Eigentlich eine Wahnsinnszahl. Unser Impact aufs Schweizer Skispringen in den letzten Jahren ist - auch bei kritischem Hinschauen - nicht ganz wegzudiskutieren.
All der Aufwand und all die Trainingsmöglichkeiten gibt es nur dank unglaublich viel Herzblut von ganz vielen Menschen und...ein bisschen Geld. Im Vergleich mit den Summen, die sonst so durch den Sport und auch durchs Schweizer Skispringen geworfen werden, ist es nicht viel. Es ist verdammt wenig. Der "Return on Investment" wäre gut, sehr gut. Aber Sport und Wirtschaft passen ja bekanntlich nicht immer zusammen.
Es fliesst auch im Skispringen Geld. Meist von oben nach unten. Es fliesst jedes Jahr ganz viel Geld an die Schanze Einsiedeln zum Beispiel. Es fliesst Geld an das Nationale Leistungszentrum Einsiedeln, an die Equipe West, neuerdings an den Stützpunkt Ost, an einen Skiclub im Berner Oberland und so weiter. Allein mit dem Geld, das pro Jahr an die Schanze Einsiedeln fliesst, könnten wir über 5-6 Jahre lang unsere Arbeit in dieser Form weiter machen. Wir könnten ganz viele neue und spannende Mädchen und Jungs ausbilden und nach oben bringen - und alles, was wir sonst noch fürs Schweizer Skispringen machen. Das Geld fliesst aber meist nicht bis zu uns. Und wenn es mal bis zu uns runter fliesst, bleiben oft nur noch Krümel übrig.
Wir haben keinen Simon Ammann in unserem Club, keinen Hippolyt Kempf. Wir sind auch nicht das Nationale Leistungszentrum. Wir haben nicht die Beziehungen, die es vielleicht bräuchte. Wir lassen uns nicht in ein Schema pressen und sagen zwischendurch auch mal unsere Meinung. Aber vielleicht haben wir ja den nächsten Simon Ammann oder das weibliche Pendant dazu in unserem Club ausgebildet - es sieht übrigens gar nicht so schlecht aus. Nur bis es soweit ist, geht es noch eine Weile. Und dann, ja dann ist es vielleicht schon zu spät.
Dann ging einfach irgendwann das Geld aus um solch eine Struktur am Leben zu erhalten. Und wenn es dann vorbei ist, dann gibt es vielleicht noch ein bis zwei Clubtrainings pro Woche - und einmal im Jahr ein Grillfest.
Das ist nicht unser Anspruch. Das ist nicht unsere Idee. Dafür lohnt es sich nicht.
Wir möchten niemandem Geld wegnehmen. Wir möchten nicht Neid und Missgunst zeigen und/oder bei anderen auslösen - von diesen zwei Dingen gibt es schon genug. Wir möchten einfach, dass zumindest über den Status Quo nachgedacht wird...und das Geld gerechter verteilt wird. Und dort investiert wird, wo auch ein ROI sichtbar ist - ihr wisst schon: Return on Investment.
"Mir sind immer no am Flüge." Mit unglaublich viel Herzblut. Mit unglaublich vielen Ideen. Die Frage ist: wie lange noch?
Merci fürs Nachdenken und Mitdenken.
Merci an alle, die uns in den letzten Jahren unterstützt haben und an alle, die uns auch in Zukunft unterstützen werden!
GO Bachtel GO
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